Unterschiedliche Rollen
„Wer bin ich, wenn ich niemand sein muss?“ – eine interessante, auch schwierige Frage, die auf die vielen unterschiedlichen Rollen abzielt, die jede Person tagtäglich innehat. Frauen füllen oft sehr viele verschiedene Rollen aus – Partnerin, Ehefrau, Mutter, Tochter, Karrierefrau, Chefin, Kollegin, Freundin, Hausfrau, Tante, Oma, Nachbarin, Bekannte und viele mehr.
Wir alle haben Rollen, die wir spielen und auch spielen müssen. Als Teil einer sozialen Gemeinschaft, ob in Partnerschaft, Familie, im Beruf oder im Freundeskreis, ist es für uns selbstverständlich, dass wir die jeweilige Rolle erfüllen. Dagegen ist auch nichts zu sagen, wenn wir dabei auch an uns selbst denken. Zum einen gilt es zu überprüfen, ob die Rollen nur ausschließlich so erfüllt werden, wie es andere Menschen von uns erwarten. Oder ob in allen Rollen auch ein Teil von uns selbst vorkommt. Zum Beispiel, was genau ist mir in der Rolle der Mutter wichtig, wie will ich Mutter sein? Was genau will ich als Chefin in meinem Team einbringen, wie will ich führe und leiten? Was ist für mich in der Partnerschaft/Ehe wichtig, wie stelle ich mir meine Partnerrolle/ Eherolle vor? Was will ich geben und was wünsche ich mir?
Soziale Rollen üben Druck und Zwänge aus. Dadurch versuchen wir dann so zu sein, wie andere es von uns erwarten. Wir versuchen zu vermeiden, dass es heißt, „du bist zu anstrengend, zu kritisch, zu wählerisch, zu anspruchsvoll, zu unsortiert“. Dadurch lassen wir unter Umständen Hoffnungen, Sehnsüchte, Träume und Eskapaden sterben.
Im Zuge der gesellschaftlichen, gesetzlichen und kulturellen Veränderungen hat es bereits allmählich zahlreiche Rollenwandlungen gegeben. Starre Rollenschemata wurden aufgebrochen und neue Möglichkeiten sind entstanden. Das allein bedeutet jedoch nicht, dass wir auch tatsächlich zur Verwirklichung der persönlichen Vorstellungen, Wünsche, zum „eigenen Ding“ kommen. Die Ausgangsfrage – „wer bin ich, wenn ich niemand sein muss?“ – sollte in jeder Rolle, die wir erfüllen (müssen) auch enthalten sein. Damit schaffen wir das Stück Individualität in die verschiedenen Rollen zu bringen und erobern den vielleicht aufgegebenen Teil von uns selbst zurück.
Von Ulrike Elbers, Familientherapeutin/Supervisorin – Wuppertal
Veröffentlicht am Montag 22. Juli 2019