Nur noch Windeln und Grießbrei
Caro macht Babypause. Sie merkt, dass sich ihre Gedanken fast nur noch um ihren kleinen Daniel drehen, sie nur noch mit Windeln und Grießbrei beschäftigt ist. Schon deshalb will sie zurück in den Beruf, muss sich aber neu orientieren. Ihr früherer Chef kann ihr keinen Teilzeitjob bieten. Sorgen macht ihr, dass ihr Selbstwertgefühl quasi bei null angekommen ist. Sie fragt: „Geht `s nur mir so? Und was kann ich tun, um mein Ego wieder aufzupolieren?“
„Viele Frauen bekommen im Beruf Bestätigung und Anerkennung. Sie haben sich etwas aufgebaut, haben vielleicht Karriere gemacht, kommen mit Kollegen, Chefs, Kunden gut zurecht, was insgesamt alles selbstwertstärkend wirkt“, sagt Ulrike Elbers, Familientherapeutin und Coach aus Wuppertal. „Fällt die berufliche Seite durch Babypause weg, fehlt zugleich vieles, was Wert und Selbstwert gebracht hat.“ Dazu komme, dass sich vor allem in der ersten Zeit für die Mütter tatsächlich alles nur ums Kind dreht, seine Gesundheit, Ernährung, Pflege.
Haushalt und Kindererziehung haben aber kein sehr hohes Ansehen in unserer Gesellschaft. Im Gegenteil. Mütter bekommen oft zu hören: „Was machst Du eigentlich den ganzen Tag? Du schaffst ja nicht einmal das bisschen Haushalt.“ Und weil es für die Familienarbeit selten Lob gibt, haben viele Mütter das Problem des bröckelndes Selbstwertes. Caro steht damit nicht allein da.
Die Therapeutin rät ihr:
„Sie sollte versuchen, sich weniger von der Anerkennung durch
andere abhängig zu machen. Statt dessen mehr auf die eigene Einschätzung
ihrer Fähigkeiten und Leistungen bauen. Das ist nicht leicht, kann aber
trainiert werden.“
Damit Caro ihr Selbstbild aufpolieren kann, sollte sie sich richtig Zeit nehmen und eine ausführliche Bilanz ihrer Stärken und Schwächen machen. Ulrike Elbers: „Fragen wie: Was leiste ich, was kann ich gut, welche Talente habe ich, was macht mir Spaß, wozu habe ich gar keine Lust? muss sie sich ehrlich beantworten, wenn sie mehr über sich herausfinden will. Und sie sollte sich alles aufschreiben. Denn auf diese Weise kann sie sich ihre positiven Seiten immer wieder vor Augen führen und von Zeit zu Zeit ergänzen.“
Darauf aufbauend, kann sie dann ihren Wert – Qualifikationen, Qualitäten, Fähigkeiten, Persönlichkeit – ermitteln, den sie einem künftigen Arbeitgeber zu bieten hat. Denn viele der Eigenschaften, die sie während der Babypause braucht, sind auch im Beruf gefragt.
Zum Beispiel:
Kreativität (Caro erfindet ständig Spiele und neue Geschichten für ihren Sohn),
Improvisationstalent (stellt sie täglich bei der Koordination von Familie und Haushalt unter Beweis),
Flexibilität (mit Kindern ändert sich dauern etwas),
Durchsetzungsfähigkeit (bei den unterschiedlichen Ansprüchen der Familie immer nötig).
Helfen kann ihr bei ihrem Stärken- und Schwächenprofil einer gute Freundin – die hat sicher noch weitere Talente an ihr bemerkt. Findet Caro bei ihrem Check-up heraus, dass sie an einigen Schwächen arbeiten, besser noch, ihre Stärken ausbauen möchte, sollte sie sich fortbilden – beispielsweise in entsprechenden Kursen bei der Volkshochschule, bei kommerziellen Anbietern oder durch Weiterbildungsangebote speziell für Frauen, die es schon in vielen Städten gibt. Zu finden sind sie übers Branchenbuch oder über Stadt/Gemeinde (z. B. Gleichstellungsstelle). Viele gute Tipps gibt es darüber hinaus in Ratgebern für Mütter.
Von Gigi Sams
Veröffentlicht in Journal für die Frau, Beruf am Montag 1. September 2003