Gehen oder Bleiben?
Bernd und Ina hatten lange zur gleichen Clique gehört. Sie fühlten sich miteinander wohl, verliebten sich ineinander und heirateten. Eine lange Zeit lief alles großartig. Bernd war erfolgreich in seinem Beruf. Er verdiente sehr gut. Auch Ina war erfolgreich, erst in ihrem Beruf, dann bewusst und gewollt als Hausfrau und Mutter der beiden gemeinsamen Kinder. Plötzlich, nach Jahren schien in der Beziehung etwas schiefzugehen. Bernd war der Meinung, Ina und er hätten sich in verschiedene Richtungen entwickelt. Er wurde unzufrieden und fand Ina immer ernster, gesetzter und erwachsener. Er empfand, dass kaum noch Nähe zwischen ihnen war. Die gefühlsmäßige Distanz erschien ihm unüberwindbar. Für Bernd war die Beziehung nur noch anstrengend. Er dachte immer wieder an Trennung, obwohl er dann doch blieb. Eine Trennung erschien ihm wie Freiheit. Die Ehe wie Zwang und Einengung.
Was aber hielt ihn? – Liebe, Angst vor dem Alleinsein, die Kosten einer Trennung, die Sorge, sich von den Kinder zu entfernen oder die inzwischen so gut funktionierende Aufgabenteilung in der Partnerschaft?
Eine Trennung ist immer schmerzhaft, aber auch der Entschluss, den einst so geliebten Menschen zu verlassen, fällt unsagbar schwer. Bernd und Ina hatten alles immer wieder gemeinsam besprochen. Jetzt klärte Bernd zunächst für sich, wovor er in einem neuen Leben – nach der Trennung – Angst hatte und weshalb er blieb. Auch der Frage, worauf er sich in einem neuen Leben freuen würde, wenn er an Trennung dachte, ging er an. So konnte für sich mehr und mehr zu einem Entschluss gelangen, mit dem er dann weiterleben wollte.
Von Ulrike Elbers, Familientherapeutin/Supervisorin – Wuppertal
Veröffentlicht in Westdeutsche Zeitung, WZ, Kolumne: Beziehungen am Samstag 7. Februar 2009