Neue Zeiten

Lena ist weg. Ihr Zimmer ist leer. Alle ihre Sachen hat sie mitgenommen. Lena ist ausgezogen. Sie ist volljährig und hat einen Studienplatz in einer anderen Stadt. „Bis in zwei Wochen“ – damit fuhr der Zug ab. Margit stand etwas verdutzt und verloren auf dem Bahnsteig und später im leeren „Kinderzimmer“. Eben noch war der erste Schultag ihrer Tochter – jetzt ist sie erwachsen und studiert außerhalb. Das Gefühl des „leeren Nestes“ überkam Margit. Sie ist froh, dass ihr Jüngster noch Zuhause lebt und sie ihre Halbtagsstelle hat.

Für Margit geht ein weiteres Mal ein Abschnitt im Leben zu Ende. Ihre Tochter geht ihren eigenen Weg, das Haus wird leerer. Auch ihr Jüngster wird bald erwachsen sein. Dann wird es hauptsächlich nur noch die Zweierbeziehung mit ihrem Mann geben. Bis dahin können die Eltern sich allmählich an ihr neues Leben gewöhnen. Es wird Traurigkeit und vielleicht auch Trennungsschmerz geben. Aber auch neue Freiräume und Möglichkeiten zu einer individuellen und unabhängigen Lebensführung können sich einstellen.

Durch Arbeitsentlastungen im gemeinsamen Haushalt und in der Erziehung können sich Ruhe und neue Chancen entwickeln.

Margit und ihr Mann haben schon seit längerem wieder begonnen, mehr eigene Unternehmungen ohne die Kinder zu starten. Sie erleben mehr gemeinsame Zeit und intensivere Kommunikation als Ehepaar. Sie haben ihre gemeinsamen Interessen neu entdeckt und wieder aufleben lassen. Gemeinsam haben sie gelernt, dass sie langsam die Kinder loslassen und ihre wieder neu entstandene Zweisamkeit genießen können.


Von Ulrike Elbers, Familientherapeutin/Supervisorin – Wuppertal
Veröffentlicht in Westdeutsche Zeitung, WZ, Kolumne: Beziehungen am Samstag 4. Oktober 2008