Schlechte Verständigung
Manchmal fällt Verständigung sehr schwer. Obwohl wir ein und dieselbe
Sprache sprechen, verstehen wir uns nicht. So wie zum Beispiel bei Tim
und seiner Mutter.
„Er redet nicht“, sagt die Mutter über ihren 15-Jährigen. Tim dagegen
meint, dass er wohl mit seiner Mutter spreche. Was genau ist bei den
Beiden los? Bei ihnen gibt es typische Abläufe. Fragt zum Beispiel die
Mutter, wie es in der Schule war, hört sie ein „ganz okay“ oder „ganz
gut“. Dann redet sie sofort los. Tim müsse sich mehr kümmern, mehr
einsetzen. Er müsse üben, sonst schaffe er sein Abi nicht. Tim kennt
diese Argumente. Er hört zu, antwortet dann aber nicht mehr. Umso mehr
redet die Mutter, über die Zukunft, ein Studium, Berufschancen.
Irgendwann sind beide sauer und ziehen sich zurück.
Beide haben ihr Kommunikationsmuster und verhalten sich stets gleich. Wie viele Erwachsene, neigt die Mutter dazu, sofort ihr eigenes Anliegen loswerden zu wollen. Sie redet los statt zuzuhören. Sie fragt etwas, sagt dann aber sofort, wie sie etwas findet und was sie „besser“ weiß. Gerade Jugendliche haben in diesen Situationen das Gefühl, wie kleine Kinder behandelt zu werden, die noch nicht denken können. Erwachsene „predigen“, ist oftmals ihr Eindruck. Sie verlieren dann das Interesse an dem, was Erwachsene zu sagen haben.
Dabei lassen sich Jugendliche in der Regel gerne auf einen engen Kontakt ein.Wichtig ist, dass ihnen von den Erwachsenen Respekt entgegengebracht wird. Damit bekommen sie das Gefühl, Ernst genommen zu werden und auch eigene Sachkenntnis, eigene Meinungen, Ansichten und Gefühle haben zu dürfen. Ihnen sollte zugehört und ihr Denkprozess mit Fragen begleitet werden. Denn bei aller Kritik, die Jugendliche an ihren Eltern äußern, ist ihnen deren Meinung doch enorm wichtig. Ein wechselseitiger Austausch und echter Dialog wird meistens von ihnen geschätzt und gewünscht.
Von Ulrike Elbers, Familientherapeutin/Supervisorin – Wuppertal
Veröffentlicht in Westdeutsche Zeitung, WZ, Kolumne: Beziehungen am Samstag 23. August 2014