Wut und Ärger

Ein geplanter Frauen-Workshop am Wochenende führte zu einer heftigen Debatte zwischen den Partnern. Katja versuchte Olaf davon zu überzeugen, dass das Seminar hilfreich und wichtig für sie wäre. Olaf aber wollte das Wochenende mit ihr gemeinsam verbringen und nicht alleine zu Hause sitzen. Eine Weile wurden Argumente ausgetauscht und über unterschiedliche Sichtweisen debattiert. Dann war Katja nur noch wütend, bekam Kopfschmerzen und „ärgerte sich schwarz“. Sie fand, dass Olaf ein Macho wäre, kein Recht habe, sich so zu verhalten. Und nur an sich selbst denken würde. Auch ihr Wutausbruch verpuffte wirkungslos.

Und was wurde aus dem Workshop? Katja nahm nicht daran teil und ein gemeinsames, gemütliches Wochenende wurde es natürlich auch nicht. Wie konnte es sein, dass diese Situation derart eskaliert war? Katja hatte sich auf einen aussichtslosen Kampf um die Teilnahme am Workshop eingelassen. Sie hatte ihre gesamte Energie darauf verwendet, ihren Mann von ihrer Sicht der Dinge zu überzeugen. Aber Olaf ließ sich nicht überzeugen. Er blieb bei seinem Recht auf seine eigene Meinung und Katja ließ sich deshalb abhalten. Wenn sie mehr auf sich und ihre Wut geachtet hätte, wäre ihr klar geworden, dass sie sich nicht ernst genommen fühlte. Sie aber vermutete eine böse, gemeine Absicht hinter Olafs Verhalten.

Aber Katja hatte sich selbst nicht ernst und wichtig genommen. Sie hatte sich zurückgestellt, hatte ihre Entscheidungsfreiheit in der Beziehung und ihren Wunsch aufgegeben. Sie hatte sich „geopfert“ und wollte die Harmonie in der Ehe erhalten. Leider war ihr das in der Debatte mit ihrem Mann und am besagten Wochenende nicht klar – wie vermutlich auch schon in anderen Situationen mit unterschiedlicher Sichtweisen zuvor.


Von Ulrike Elbers, Familientherapeutin/Supervisorin – Wuppertal
Veröffentlicht in Westdeutsche Zeitung, WZ, Kolumne: Beziehungen am Samstag 12. Januar 2013