Geschwister
Im Kinderzimmer ist wieder Ruhe eingekehrt. Das plötzliche Getöse bei Jan und Philipp ist vorbei. Die Beiden, 5 + 7 Jahre, streiten sich häufig. Mal geht es um ihre Spielsachen. Dann darum, wer etwas als Erster machen darf. Oft sind sie wie Hund und Katze. Rivalität, Eifersucht, Frustration und Gefühle von Benachteiligung sind bei den Beiden an der Tagesordnung.
Geschwisterliebe, ein einträchtiges Miteinander kann niemals vorausgesetzt werden. Eltern malen es sich in ihrer Phantasie oftmals aus. Wenigstens ein konfliktfreies Nebeneinander wünschen sie sich. Geschwisterliebe entwickelt sich. Denn zunächst bedeutet die Geburt eines Geschwisterkindes eine große Veränderung für das ältere Kind. War es bis dahin der uneingeschränkten Aufmerksamkeit der Eltern gewiß, muß es nun teilen. Plötzlich gibt es Konkurrenz um die Liebe und Fürsorge der Eltern.
Eltern können viel unterstützen. Philipp wurde schon früh durch Mithilfe und kleine Aufgaben von der Mutter einbezogen. Sie achtete immer auf die Stärkung seines Selbstwertgefühls. Beide Jungen hatten immer ein eigenes Rückzugsgebiet, in dem sie auch mal alleine sein können. Beide können miteinander spielen, müssen es aber nicht. Beide haben gelernt, ihre Streitereien unter sich zu klären, ihre Meinungen zu vertreten, sich durchzusetzen oder Kompromisse zu schließen. Die Eltern mischen sich in die Streitereien nicht ein. Deshalb geht es oft hoch her – aber es ebbt auch wieder ab. Jan und Philipp vertragen sich wieder.
Und sie haben noch etwas sehr gut gelernt. Sie können sich zusammenschließen und Front gegen die Eltern machen – zum Leidwesen der Eltern. Es zeigt aber die vorhandene Solidarität unter den Brüdern.
Von Ulrike Elbers, Familientherapeutin/Supervisorin – Wuppertal
Veröffentlicht in Westdeutsche Zeitung, WZ, Kolumne: Beziehungen am Samstag 20. März 2010