Neue Rolle – Schwiegermutter

Nun ist es also soweit. Soeben hat Sonja von ihrem Sohn gehört, dass er seine Freundin heiraten wird und dass die Beiden ein Kind erwarten. Sonja wird Schwiegermutter und Oma. Über ihr erstes Enkelkind freut sie sich sehr. Weitere Gefühle gesellen sich allerdings hinzu, weil sie nun Schwiegermutter wird – Unsicherheit und Sorgen. Wie wird alles werden? Wie soll sie sich verhalten? Was wird von ihr erwartet? Viel Fragen gehen ihr durch den Kopf. Viel mehr zur Schwiegermutter als zur Tatsache, dass sie Oma wird.

Sonja hat viel gehört und gelesen über die schwierigen Beziehungen, Schwiegermutter – Schwiegertochter. Sie selbst hat keine Erfahrung mit einer eigenen Schwiegermutter. Sie war schon verstorben als sie ihren Mann geheiratet hatte. Die Probleme kennt sich von ihren Freundinnen und deren Schwiegertöchtern. Eine solche schwierige Beziehung möchte sie nicht haben. Sie hat immer einen guten Draht zu ihrem Sohn gehabt, auch in den letzten Jahren als er erwachsen und selbstständig seiner eigenen Weg ging. Sie war längst nicht immer seiner Meinung, aber stets war ein guter Austausch über unterschiedliche Standpunkte und Sichtweisen möglich. Beide haben sich toleriert und respektiert. Wie soll es also nun weitergehen, wenn Sohn und Schwiegertochter mit Enkelkind bald in die Nähe ziehen?

Sonja macht sich in den nächsten Wochen viele Gedanken und nimmt sich vor: Angebote zur Unterstützung ja – aber kein Aufdrängen. Gemeinsamkeiten ja – aber dann keine Besserwisserei. Respektieren der Familie des Sohnes ja – aber auch der eigenen Bedürfnisse und unter Umständen auch Hilfen ablehnen. Und vor allem miteinander im Gespräch bleiben, damit ihre neue Rolle gut gelingen kann.


Von Ulrike Elbers, Familientherapeutin/Supervisorin – Wuppertal
Veröffentlicht in Westdeutsche Zeitung, WZ, Kolumne: Beziehungen am Samstag 18. August 2012