Trennung und Bewältigung

Was ist mit Anne los? Seit der Trennung von Tom fühlt sie sich oft alleine, hilflos und einsam. Gerade an Wochenenden, wenn die Kinder bei ihrem Vater sind, ist das Haus sehr leer. Anne wird dann bewusst, dass ihre Ehe gescheitert ist. Sie weiß dann nichts mit sich anzufangen. Nimmt aber auch keine Unterstützung von ihren Freundinnen an.

Jetzt kommen die Sommerferien. Tom hat zwei Wochen Urlaub mit den Kindern gebucht. Er freut sich sehr. Die Kinder im Grunde auch, wenn da nicht die Traurigkeit ihrer Mutter wäre. Die Freundinnen haben oft versucht mit Anne zu reden. Sie könne froh sein, dass Tom sich so gut kümmert, dass er Vereinbarungen einhält. Anne müsse ihren Kindern die Ferien mit ihrem Vater gönnen. Sie lieben ihn und vermissen ihn oft sehr. Aber alle Gespräche, guten Ratschläge, Appelle haben bei Anne nichts genutzt. Sie wurde immer wieder krank, zog sich zurück und wollte nichts hören oder professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.

Anne leidet noch immer sehr unter der Trennung und ist sehr wütenden auf Tom. Für lange Zeit war er einer der wichtigsten Menschen auf der Welt für sie und dann kam die Trennung. Die Ehebeziehung war quasi aufgekündigt worden. Anne soll aber immer noch einen guten Kontakt zu Tom haben. Elternschaft ist unkündbar – das weiß Anne. Und dass für Kinder beide Elternteile zentrale Bezugspersonen sind, die sie lieben. Auch dass Kinder in der Trennungszeit viel emotionale Unterstützung brauchen.

Anne schafft das oft nicht. Sie steckt in ihren eigenen Problemen und Gefühlen fest. Aber gerade die zu bewältigen ist ihre Verantwortung. Anne müsste den Verarbeitungsprozess beginnen – auch gegebenenfalls mit professioneller Hilfe. Gerade als Mutter ist es ihre Aufgabe zu lernen, das Scheitern ihrer Ehe zu akzeptieren – auch mit allen damit verbundenen Schmerzen und Krisen.


Von Ulrike Elbers, Familientherapeutin/Supervisorin – Wuppertal
Veröffentlicht in Westdeutsche Zeitung, WZ, Kolumne: Beziehungen am Samstag 7. Juli 2012