Schuldzuweisungen

Fehler einzugestehen, ist manchmal schwierig - für manche Menschen ist es sogar unvorstellbar. Fehler einzugestehen heißt eben auch, die Verantwortung für das eigene, fehlerhafte Verhalten zu übernehmen. Und das kann bedeuten, dass aus dem eingestandenen Fehler negative Konsequenzen entstehen. Oder sie werden zumindest befürchtet.

Kinder entwickeln deshalb manchmal die Strategie, Fehler auf andere Personen zu schieben. Sie wälzen die Fehler, die eigene Verantwortung und die sich daraus ergebenden möglichen Konsequenzen ab. Sie wollen Sanktionen und Strafen umgehen. Auch manche Erwachsene behalten dieses Verhalten bei. Aus dem Verhalten in der Kindheit wird eine Erwachsenenstrategie - „Schuld sind immer die Anderen“.

Diese erlernte Strategie, dieses erlernte Mittel hat auch beim Erwachsenen den Zweck, die Verantwortung für die eigenen Fehler, die Verantwortung für das eigene Fehlverhalten auf andere Menschen abzuwälzen. Erwachsene wollen damit ebenso negative Konsequenzen vermeiden wie Kinder auch. Außerdem brauchen sie aufgrund der Schuldzuweisung die eigenen Fehler nicht zu korrigieren. Und sie brauchen sich nicht mit negativen Gefühlen oder ihren inneren Konflikten auseinandersetzen. Unbewusst oder bewusst kann dies ablaufen. Durch Schuldzuweisungen werden diese negativen Gefühle weitergeschoben - soll mein Gegenüber sich damit beschäftigen.

Auch das eigene Ego bleibt durch Schuldzuweisungen unangetastet. Allerdings ist diese Strategie nur kurze Zeit wirksam. Gerade in Partnerschaften und in anderen zwischenmenschlichen Kontakten wird durch dieses Verhalten verhindert, dass eine gesunde, echte und offene Beziehung entstehen kann. Denn wer sich derart verhält, versteckt sich vor dem Anderen und vor sich selbst. Wirkt überheblich, arrogant und will Überlegenheit darstellen. Der Partner wird klein gemacht und soll sich klein fühlen. Toxische Beziehung können sich entwickeln, die dann von Gefühlskälte, Liebesentzug, Strafen und Kämpfen geprägt sind.

Hintergründe für das Einsetzen von Schuldzuweisungen kann nur die Person selbst finden, die Schuldzuweisungen benutzt. Eine Reflexion des eigenen Verhaltens und die Veränderung ist manchmal nur mit Hilfe möglich. Die Auseinandersetzung ist allerdings sehr lohnenswert, da sie entlasten kann und gerade in einer Partnerschaft dazu führen kann, dass gemeinsame Gespräche über die negativen Gefühle, die Fehler und Wünsche stattfinden können.


Von Ulrike Elbers, Familientherapeutin/Supervisorin – Wuppertal
Veröffentlicht am Montag 24. Oktober 2022