Urlaub ohne Partner

„Nächstes Jahr fahre ich `mal ohne dich weg“ – Steffen hatte lange überlegt, ob er sich ohne Anna seinen Freunden zu ihrer jährlichen Reise anschließen sollte. Urlaub ohne Partner war bisher tabu, aus Angst, die Beziehung könnte darunter leiden. Nun hatte er sich entschieden mit ihnen eine Woche auf „Männerreise“ zu gehen. Und Anna reagierte zu seiner Überraschung mit viel Verständnis und Unterstützung. Steffen hatte mit Unzufriedenheit und Konflikten gerechnet. Aber Anna freute sich, dass Steffen mit seinen Freunden los wollte. Sie schwärmten schon so lange von ihren jährlichen Segeltouren. Anna gönnte ihrem Mann diese Woche ohne sie.

Seit vielen Jahren fuhren beide gemeinsam in den Urlaub. Nach den Beziehungsjahren, dem gemeinsamen Alltag gefiel ihr die Vorstellung gut, dass beide nicht ständig beieinander hocken würden. Beide würden für sich etwas erleben können, vielleicht auch etwas, was der Partner eben nicht so gerne macht. Wünsche und Interessen deckten sich bei ihnen nicht unbedingt. Diese zu unterdrücken, kann jedoch eine Beziehung mehr belasten, als sie mit den Freunden auszuleben. Beide würden wieder mehr zu sich selbst kommen können und das würde guttun. Sie würden neue Kraft für sich und ihre Gemeinsamkeiten schöpfen. Ein Konservierungsmittel für Liebe und Erotik kann eine solche kleine Auszeit von Beziehung und Familie sein. Eine gute Partnerschaft lebt eben von einer gesunden Mischung aus Nähe und Distanz.

Steffen und Anna sprachen offen und ehrlich über ihre Bedürfnisse und ihre Toleranzgrenzen. Sie legten fest, wie viel Freiheit sie beide vertragen und wie viel sie dem anderen zubilligen wollten. So kann eine Reise ohne den Partner gut für die persönlichen Wünsche und Interessen, aber auch gut für die Beziehung sein.


Von Ulrike Elbers, Familientherapeutin/Supervisorin – Wuppertal
Veröffentlicht in Westdeutsche Zeitung, WZ, Kolumne: Beziehungen am Samstag 14. April 2012