Egoismus
„Du bist egoistisch – Du denkst nur an dich!“ Wer möchte das schon hören? Es klingt stets wie ein Vorwurf und das schlechte Gewissen rührt sich. Dann kommt auch noch die Befürchtung auf, von anderen Menschen als Egoist angesehen zu werden. Aber weshalb haftet dem Egoismus so viel Negatives an?
Menschen sind soziale Wesen und sind wohl auch genetisch darauf „programmiert“, dass sie etwas für andere tun. In unserem Gehirn werden beispielsweise dieselben Zentren aktiviert, die angesprochen werden, wenn wir belohnt werden. So erhalten Menschen beim Tun für andere immer selbst auch „ihre Belohnung“, ihre Bestätigung.
Die Erziehung tut ihr übriges. Von klein auf bekommen wir anerzogen, Rücksicht zu nehmen, zu teilen, bloß nicht an uns selbst zu denken. Wir haben oftmals Vorbilder in der Mutter oder Großmutter gehabt, die ihre eigenen Interessen zurückstellten oder sich aufopferten. Solche Verhaltensweisen werden verinnerlicht und übernommen. Diese erlernten Muster können sich dann ein Leben lang fortsetzen.
Wie ist es nun zu schaffen, dass eine gute persönliche Balance erreicht werden kann zwischen Egoismus – Auf-Sich-Selbst-Bezogen-Sein – und dem Für-Andere-Tun? Zunächst ist die eigene Entscheidung wichtig, wirklich mehr auf sich selbst achten zu wollen – für sich selbst sorgen zu wollen. Und dann beginnt die Arbeit für uns selbst, denn es bedeutet Umstellung und ein bewusstes mit sich selbst umgehen, damit auch die eigenen Bedürfnisse zu Tage kommen.
Will ich das jetzt? Weshalb mache ich das? Könnte das jemand anderes erledigen? Fühle ich mich wohl dabei oder ist es eher ein Gewohnheitsmuster? Ödet es mich an oder entspannt es mich? Mit der Zeit bekommen wir dann ein besseres Gefühl dafür, wann wir wieder für andere tun oder tatsächlich für uns selbst.
Von Ulrike Elbers, Familientherapeutin/Supervisorin – Wuppertal
Veröffentlicht in Westdeutsche Zeitung, WZ, Kolumne: Beziehungen am Samstag 16. Juli 2011