Loyalität mit den Eltern

Alina war in den letzten Wochen oft traurig und ratlos. „Meine Eltern verhalten sich wie große Kinder“. Alinas Eltern waren seit Jahren geschieden. Trennung und Scheidung hatte Alina noch sehr gut in Erinnerung. Alles war für sie fürchterlich. Das gesamte gemeinsame Leben löste sich auf. Ihre Mutter zog mit ihr und dem jüngeren Bruder in eine neue Wohnung. Der geliebte Vater zog in eine andere Stadt. Es gab viele neue Herausforderungen. Und auch sehr viele neue Gefühle. Nach dem Schock kamen Hilflosigkeit, Gefühle der Überforderung und des Kummers, der Trauer und des Schmerzes auf Alina zu. Sie litt, ihre Mutter und der Bruder ebenso. Und auch der Vater machte oft einen sehr ruhigen und bedrückten Eindruck. Trost war für Alina, dass die Eltern wenigstens miteinander redeten und Absprachen trafen. Irgendwie klappte das.

Aber seit Wochen war die Kommunikation zwischen den Elternteilen abgebrochen. Alina fühlte sich oft elend. Sie war mit beiden Elternteilen innerlich sehr verbunden, jetzt sprachen sie nicht mehr miteinander. Auch fielen negative Bemerkung von einem Elternteil über den anderen. Alles war ihr viel zu viel. Sie wollte sich oft nur in ihr Zimmer zurückziehen und mit allem nichts zu tun haben. Alina war in einen Loyalitätskonflikt geraten.

Kinder wollen sich in der Regel nicht für einen und gegen den anderen Elternteil entscheiden.
Sie wollen ein gutes Verhältnis zu beiden Elternteilen. Deshalb sollten Kinder aus Pro- und Kontra-Situationen herausgehalten werden. Eltern sind gefordert, ein Miteinander zu entwickeln, dass Kinder nicht in einem Loyalitätskonflikt zerrieben werden. Bei allen persönlichen Schwierigkeiten und Verletzungen sollte immer die Erziehungsverantwortung im Vordergrund stehen, damit sich kein Loyalitätskonflikt entwickelt.


Von Ulrike Elbers, Familientherapeutin/Supervisorin – Wuppertal
Veröffentlicht in Westdeutsche Zeitung, WZ, Kolumne: Beziehungen am Samstag 25. Juni 2011