Faulenzen oder Lernen?

Die Sommerferien haben begonnen. Es geht auf Reisen – Sonne, Berge und Meer sind vielleicht schon länger ersehnte Ziele. Endlich soll Pause vom Alltag gemacht werden. Endlich soll Zeit für die Familie und zum Ausspannen sein. In manchem Urlaubsgepäck befinden sich allerdings neben Badesachen und Ferienutensilien sogar Schulbücher. Das Lesen soll geübt oder Mathe nachgeholt werden. „Sinnvoll“ genutzte Urlaubszeit soll es auch geben, neben Faulenzen, Abhängen und Chillen. Es soll etwas nachgeholt oder vervollständigt werden. Lernen, viel tun und fleißig sein, das wollen gerade die Erwachsenen, die Eltern. Und sie wollen es manchmal auch in den Ferien.

Dabei wird oft verkannt, dass gerade Zeiten des Müßiggangs, des Nichtstuns eine wichtige Bedeutung für den Menschen haben. Zum Beispiel in unserem Gehirn passiert in der Ruhezeit mehr als wir denken. Das Gehirn befindet sich in einer Art „Grundbetrieb“ – so fand es der amerikanische Hirnforscher Marcus Raichle in den 90er Jahren heraus. Das Gehirn beschäftigt sich mit sich selbst, räumt auf, sortiert um. Wird dem Gehirn diese Pause gegönnt, macht es sich fit für weitere Leistungen und Anforderungen.

Es wäre also besser, im Urlaub dem Gehirn und dem Körper die Pause zu gönnen anstatt Vokabeln zu üben oder Matheformeln zu pauken. Kinder und Jugendliche haben oftmals noch ein recht gutes Gefühl für ihre Bedürfnisse und können einfach `rumsitzen oder das machen, wozu sie Lust haben. Dieses Nichtstun sollten sie beibehalten dürfen. Die Erwachsenen sollten es auch wieder „üben“, wenn sie es verlernt hatten. So kann sich der Körper erholen. Und unser Gehirn macht sich fit wieder für alle Anforderungen, die nach den Ferien wieder auf uns einprasseln. „Schönes Nichtstun“ – wünsche ich allen!


Von Ulrike Elbers, Familientherapeutin/Supervisorin – Wuppertal
Veröffentlicht in Westdeutsche Zeitung, WZ, Kolumne: Beziehungen am Samstag 6. August 2011