Sinn oder Sinnlosigkeit
„Es hat alles keinen Sinn, du meckerst doch nur an mir `rum“, beschwert sich Paula bei ihrer Mutter. Es war eine „Drei“ in der Mathearbeit geworden. Statt der „Zwei“, die ihre Mutter ihr zugetraut hatte. „Die ständige Diskutiererei ist sinnlos“, klagt Jan über bei seiner Frau. Die Sinnfrage wird oft gestellt, wenn etwas Negatives empfunden wird. Wenn ein Problem, ein Verlust oder Mangel auftaucht. Bei Glück, Liebe oder Freude stellen wir uns in der Regel keine Frage nach einem Sinn. Positive Gefühle nehmen wir gerne an.
Was hat es nun mit diesem Sinn auf sich? „Sinn des Lebens“ – diese umfassende Frage kennen wir. Sinnvoll, sinnlos, unsinnig, sind alltägliche Einteilungen oder Bewertungen. Denn ein Sinn steckt in allen unseren Handlungen und Entscheidungen. Für jeden persönlich ist es meistens ein positiver Sinn, auch wenn dieser nicht sofort zu erkennen ist.
Jans positiver Sinn beim Diskutieren mit seiner Frau kann zum Beispiel sein, dass er dann wieder Gemeinsamkeit erlebt. Sonst ist sie vielleicht kaum mehr vorhanden. Er erlebt Aufmerksamkeit, auch Nähe. Paulas Mutter zeigt Interesse an ihrer Tochter. Auch wenn diese es als Meckern abtut. Die Mutter selbst hatte nie etwas zu ihren Schulnoten von ihrer eigenen Mutter gehört. Das wollte sie anders machen.
Es gibt keine Lebenssituation, die wirklich sinnlos wäre. Auch alle negativ erlebten Situationen lassen Raum für Positives. Sinn oder Sinnlosigkeit gehört immer in den Bereich der persönlichen Entscheidung. Manchmal ist es allerdings besser, bei einer positiven Absicht auch eine positive Handlungen oder positive Kommunikation zu wählen. So könnte Paulas Mutter ihrer Tochter sagen, weshalb sie mit ihr über die Schule und die Noten redet. Jan könnte verstärkt darauf achten, dass er mehr angenehme Zeit mit seiner Frau verbringt. So können aus negativen Mustern wieder positive werden.
Von Ulrike Elbers, Familientherapeutin/Supervisorin – Wuppertal
Veröffentlicht in Westdeutsche Zeitung, WZ, Kolumne: Beziehungen am Samstag 17. Januar 2015