Trennung auf Zeit
In der Beziehung von Ester und Marc ging es in letzter Zeit nicht mehr gut. Nach fünfzehn Jahren lebten sie nur noch nebeneinander her. Keiner interessierte sich mehr wirklich für den anderen. Deshalb beschlossen die beiden eine Trennung auf Zeit. Ganz wollten sie ihre Beziehung noch nicht aufgeben. Viele Jahren waren sie zusammen, hatten Krisen und Belastungen gemeistert.
Eine Trennung auf Zeit sollte ihnen durch den Abstand neue Möglichkeiten geben. Sie wollten ihre Situation, eigene Bedürfnisse und Gefühle überdenken. Wichtige Fragen sollten geklärt werden. Liebe ich den Partner noch? Vermisse ich den anderen? Was war schön in der Beziehung, was war problematisch? Wo gibt es Gemeinsamkeiten, wo unterschiedliche Interessen? Ist es eine Entlastung alleine zu leben? Ist eine endgültige Trennung doch der richtige Weg? Beide wollten nachdenken und die Trennung auf Zeit als die Arbeit für ihre Zukunft sehen.
Ester und Marc hatten für ihre befristete Trennung klare Absprachen
getroffen. Beide hatten sich bisher ernsthaft darauf eingelassen. Ihre
Trennung dauerte nun inzwischen sechs Wochen und sollte maximal über
sechs Monate gehen. Marc war vorübergehend zu seinem Freund gezogen,
Ester in der gemeinsamen Wohnung geblieben. Einigung hatten sie auch
über zusätzliche Kosten und ihre Kontakte gefunden. Und ob sie während
der Trennung sexuellen Kontakt miteinander haben wollten. Sexuelle
Kontakte oder Flirten mit anderen wollten beide nicht. Dadurch wollten
sie noch keine Entscheidung herbeiführen.
Wie ihre Entscheidung letztendlich ausfällt, wissen Ester und Marc noch nicht. Wenn sie feststellen, dass sie noch eine gemeinsame Basis haben, ziehen sie wieder zusammen. Aber sie wissen schon heute, dass sie besonders darauf aufpassen müssen, dass sie nicht wieder in alte Muster zurückfallen.
Von Ulrike Elbers, Familientherapeutin/Supervisorin – Wuppertal
Veröffentlicht in Westdeutsche Zeitung, WZ, Kolumne: Beziehungen am Samstag 2. April 2011