Trennung und Krise
Nun ist Sven weg. Er hat seine Möbel und persönlichen Sachen abgeholt und ist in seine neue Wohnung gezogen. Die Kinder sind bei ihren Großeltern. Wie eine Fremde sitzt Sonja im Wohnzimmer und beginnt langsam zu begreifen, dass die Trennung nun auch räumlich vollzogen ist. Leere Räume, Ruhe, Stille – noch vor Monaten hatte hier das gemeinsame Leben einer vierköpfigen Familie stattgefunden. Nun war diese Etappe des Lebens vorbei. Sonja empfand Leere in sich selbst. Weder Trauer noch Erleichterung stellten sich ein. Wie sollte nun alles weitergehen?
Sonja selbst hatte sich zwar von Sven getrennt. Sie war es, die den entscheidenden Schritt getan hatte. Die Gefühle für Sven waren erloschen, die Ehe war zerbrochen. Diese Situation hatte Sonja in eine schlimme Krise geführt. Noch nie hatte sie eine solche Situation bewältigt. Es fühlte sich jetzt an, als ob sie darin stecken bleiben müsste.
Eine Trennung oder Scheidung kann in eine seelische Notsituation führen, ob die Trennung selbst herbeigeführt wurde oder der Partner die Entscheidung getroffen hat. Es ist eine problematische neue Lebenssituation, die mit einem Wendepunkt verknüpft ist. Trennungen zu verarbeiten, dauert eine gewisse Zeit. Phasenweise stellen sich Gefühle der Leere, Trauer, Verzweiflung und Angst ein.
Bis ein seelisches Gleichgewicht und ein neues Lebenskonzept gefunden ist, kann es oftmals Monate dauern. Sich selbst Zeit zu geben, ist sehr wichtig. Ebenso ist es wichtig, die eigenen Gefühle zuzulassen, auch wenn sie schwer und belastend sind. Gespräche mit Freunden und Ablenkung können helfen, auch wenn es anfangs keine Freude macht. So kann langsam der Heilungsprozess voranschreiten und die alte Stärke zurückgewonnen werden.
Von Ulrike Elbers, Familientherapeutin/Supervisorin – Wuppertal
Veröffentlicht in Westdeutsche Zeitung, WZ, Kolumne: Beziehungen am Samstag 16. Oktober 2010