Rollenverteilung in der Familie

Manchmal denkt Jana, dass ihre Mutter es früher einfacher hatte. Sie lebte mit dem Vater eine damals klassische Rollenverteilung – die Mutter war für Jana und ihre beiden Geschwister, den Haushalt, Haus und Garten zuständig. Der Vater verdiente das Geld und war der Haushaltsvorstand. Es gab bei den Eltern keine Diskussionen über Zuständigkeiten bei der Hausarbeit, über Reiseziele, Anschaffungen oder Erziehungsstile. Die Eltern waren sich einig – zumindest schien es Jana und ihren Geschwistern immer so. Der Vater gab viele Entscheidungen vor und die Mutter schloss sich an. Die Mutter schien immer einverstanden – so stellte es sich stets dar.

Jana kann ihre Mutter nicht mehr fragen, ob sie tatsächlich mit ihrem Leben und der Rollenverteilung zufrieden und glücklich war. Und bei näherem Betrachten des früheren Lebens glaubt Jana dann gerechterweise auch, dass sie die Gedanken – „früher war es einfacher“ – nur bekommt, wenn sie sich selbst wieder einmal überlastet fühlt. Sie ist dann genervt von Diskussionen mit Mark über Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten im Haus, bei der Kindererziehung und Kinderbetreuung. Aber letztendlich einigen sie sich dann doch immer und bekommen ihre Wünsche und Anliegen unter einen Hut. Und sie haben beide das Gefühl, dass sie eine gleichberechtigte Partnerschaft führen und nicht der Mann die Entscheidungen trifft.

Für Jana ist es unvorstellbar, dass ihre Mutter wirtschaftlich vom Vater abhängig war. Und dass sie auch in den 1950er Jahren noch das Einverständnis des Vaters zur Berufsausübung brauchte. Für die eigene Entfaltung war nur sehr wenig Raum. Und eine Gleichberechtigung war es auch nicht. Dann doch lieber zeitweise Diskussionen und Doppelbelastungen, aber damit auch eine gleichberechtigte Partnerschaft.


Von Ulrike Elbers, Familientherapeutin/Supervisorin – Wuppertal
Veröffentlicht in Westdeutsche Zeitung, WZ, Kolumne: Beziehungen am Samstag 23. November 2013